Papiervortrag brachte wichtige Erkenntnisse
Am 12. September 2024 fand ein Online-Workshop mit Evelyn Schönheit, Dipl.-Umweltwissenschaftlerin statt. Wesentliche Infos sind hier dokumentiert.
Ökologisch & fair: Zukunftsfähig mit Papier
Im Alltag kann jede*r einen wirkungsvollen Beitrag zum Waldschutz und damit Klima- und Artenschutz leisten, ob zu Hause, in der Schule oder im Büro. Denn etwa 40 % der globalen industriellen Holzernte landen im Papier. Dabei gehört Deutschland zu den vier größten Verbrauchern. Papiersparen reduziert Kosten, durch Verwendung von Recyclingpapier kommuniziert man Umweltengagement direkt nach außen und das korrekte Sammeln von Altpapier liefert wertvollen Rohstoff. Wir stellen Ihnen Tipps vor, wie dies einfach gelingt und erläutern, warum das Handlungsfeld Papier so bedeutungsvoll ist und auch für bessere Lebensbedingungen vieler Menschen vor allem im globalen Süden sorgt.
Auswirkungen auf Natur, Umwelt und Menschen
Die Gewinnung des Rohstoffes Holz zur Herstellung von Primärfaserpapier ist verbunden mit Waldzerstörung und -degradierung. Knapp 40 % unseres Papierholzes stammen aus Schweden und Finnland, wo eine intensive Forstwirtschaft betrieben wird. So gelten in Schweden nur noch 10 % der wirtschaftlich nutzbaren Wälder als naturnah, nur 5 % besitzen urwaldartige Strukturen. Umweltverbände sprechen von einer Krise der Biodiversität in ihrem Land: Etwa 1.800 Tier- und Pflanzenarten, deren Existenz auf den Lebensraum Wald angewiesen ist, stehen auf der Roten Liste der bedrohten Arten.
Zudem verlieren durch die Abholzung viele lokale und indigene Gemeinschaften ihre Lebensgrundlage. Etwa 300 Millionen Menschen leben im und/oder vom Wald, viele versuchen ihn vor Zerstörung zu schützen.
Einen Großteil unseres Papierzellstoffs importiert Deutschland aus Brasilien, Uruguay und Chile. Dort werden riesige Eukalyptus-Plantagen angelegt für raschen Holznachschub, vor allem auf Flächen, die Bauernfamilien oft seit Generationen bewirtschaften, meist ohne offizielle Besitzurkunden. Sie werden teils unter schweren Land- und Menschenrechtsverletzungen vertrieben. Einheimische nennen die Monokulturen „grüne Wüsten“, weil die eintönigen Bestände für andere Pflanzen und Tiere kaum Lebensraum bieten und Eukalyptus enorme Mengen Wasser verbraucht. Dies führt zum Absenken von Grundwasserspiegeln und schweren Bränden, wie in den vergangen Jahren in Chile sowie Portugal, woher uns insbesondere Kopierpapiere erreichen. Außerdem belasten die Plantagen durch hohen Pestizideinsatz Böden und Gewässer, verursachen den Verlust von Fischen, Obstbäumen und anderen Nahrungspflanzen und gefährden die Existenz der lokalen Bevölkerung.
Während Deutschland im Schnitt 176 kg Papier pro Kopf und Jahr verbraucht, erreicht z. B. Indien nur 12 kg, die Länder Afrikas liegen sogar noch darunter, obwohl laut UN etwa 30 kg nötig wären, um grundlegende Bedürfnisse an Hygiene, Bildung und Kommunikation zu erfüllen.
Handlungsmöglichkeit: Papier sparen
Für Kosteneinsparungen und mehr Platz z. B. durch reduzierten Stauraum für Aktenordner.
- Doppelseitig drucken, ggf. zwei Seiten auf nur einer ausdrucken
- „Schmierpapier“ am Drucker und Kopierer sammeln und für Notizen nutzen
- Digitale Varianten wählen: Auf Langlebigkeit, Reparierfreundlichkeit, Update-Möglichkeiten der Geräte achten und Ökostrom nutzen
- Kuverts und Kartons mehrfach verwenden
- Bei umweltengagierten Versendern bestellen, die Mehrweglösungen wie Recyclingkunststoff-Boxen als Transportverpackung anbieten, z. B. die mit dem Blauen Engel ausgezeichnete memo Box oder RePack
- Stoffbeutel, Einkaufstasche oder Rucksack statt Papiertüten
- Verzicht auf Einweggeschirr, Mitnahme eigener Behältnisse wie Brotdosen und Lunchboxen aus Edelstahl sowie langlebiger To Go-Becher
- Mehrweglösungen z. B. aus Bio-Baumwolle statt Papiertüten, -servietten, -küchenrollen
- Ungewünschte Flyer und Prospekte mit Aufkleber „Bitte keine Werbung“ ablehnen, ggf. mit dem Zusatz „und keine kostenlosen Zeitungen“, wenn man auch diese nicht möchte.
Recyclingpapier nutzen
Wo noch Papier benötigt oder gewünscht wird, ist der Blaue Engel Zeichen der Wahl. Er steht für maximalen Altpapiereinsatz, Verbot kritischer Chemikalien, optimale Qualität und Funktionalität. Recyclingpapiere mit Engel gibt es für nahezu alle Einsatzbereiche, von Büropapier, Schulheften, Flyern bis hin zu Klebeetiketten und Post Its. Besonders wichtig sind 100 % Altpapiereinsatz bei Hygienepapieren, da sonst die wertvollen, 25 Mal wiederverwendbaren Holzfasern, nach nur einmaliger Nutzung unwiederbringlich aus dem Kreislauf verloren gehen – über die Kanalisation oder den Restmüll.
Recyclingpapier spart gegenüber Primärfaserpapier durchschnittlich 68 % Energie, 78 % Wasser, 87 % Abwasserbelastung und 15-42 % CO2, verringert den Chemikalieneinsatz und das Abfallaufkommen. Mit 1 Blatt Recyclingpapier lässt sich so viel Energie einsparen, um eine große Tasse Kaffee oder Tee zu kochen.
Und A4-Papiere in Naturweiß (ISO Weißgrad 70) sind etwa 10 % günstiger als Produkte aus Primärfasern, signalisieren Zukunftsfähigkeit und können Andere zum Mitmachen inspirieren.
Noch stärker engagieren können Sie sich, indem Sie wichtige Forderungen gegenüber der Politik voranbringen:
- Verbot überflüssiger Einwegverpackungen wie Tüten aus Primärfaserpapier, Einweggeschirr
- Bundesweit einheitliche Mehrwegsysteme für Verpackungen
- Verpflichtung der öffentlichen Hand zu konsequent ökologischer und sozialer Beschaffung
Für eine Ressourcenwende
Grundsätzlich gilt es, die notwendige Verbrauchsreduktion stärker in den politischen und öffentlichen Diskurs zu tragen. Denn Deutschland verbraucht drei Erden, auf die Ressourcen bezogen. Durch Absage an Überkonsum und Wahl öko-fairer Produkte können wir uns für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und globale Gerechtigkeit einsetzen. Hilfestellungen und Tipps geben z. B. Umweltbundesamt und Verbraucherzentrale. Für Leichtigkeit, Entschleunigung, Entspannung, mehr Zeit, Geld und Freiheit.
Weitere Infos
Die kostenfreie Broschüre „Papier. Wald und Klima schützen“ erläutert die wichtigsten Zusammenhänge und ist zugleich ein kleines Musterbuch für optimale Druckqualität hochwertiger Farbfotos auf fünf unterschiedlichen Recyclingpapieren mit Blauem Engel www.umweltbundesamt.de/publikationen/papier.
Weiterführende Infos und Anregungen zur Vermittlung des Themas in Schulen und an außerschulischen Lernorten bieten die digitalen „Unterrichtsmaterialien Papier – von Natur bis Kultur“: https://www.verbraucherbildung.de/materialkompass/unterrichtsmaterial-papier-von-natur-bis-kultur.